LANDSCAPES

In China gehörte die Landschaftsmalerei jahrhundertelang zu den wichtigsten Kunstgattungen, in Europa dagegen war die Landschaft als Bildgegenstand lange Zeit nicht so verankert. In der römischen Zeit dienten Landschaften oft als Wanddekoration, gerieten aber in der Spätantike in Vergessenheit. Erst im 16. Jahrhundert entwickelten sich Landschaften in Europa zu einer eigenständigen Gattung und kamen im 17. Jahrhundert regelrecht in Mode. Im 19. Jhdt. verhalfen vor allem die Impressionisten der Landschaft zu außerordentlicher Beliebtheit.

11 Künstler*innen aus 4 Ländern

Dass die LANDSCHAFT aber noch immer nicht nur ein aktuelles, sondern auch ein sehr spannendes Feld der Malerei ist sieht man in dieser Ausstellung von 11 Künstler*innen aus Österreich, Island, Rumänien und Russland, die 41 Werke präsentieren.

Der Mensch hat die Landschaft stark geprägt, denken wir nur 100 Jahre zurück, wie mag es hier ausgesehen haben, in der BUCHENAU. Und wenn wir noch weiter zurückdenken, vielleicht 1000 Jahre, oder 100.000 Jahre, wie hat es da in Mitteleuropa ausgesehen? Das Land war von dichten Wäldern bedeckt und es gab nur ein sehr rudimentäres Wegenetz, überhaupt nicht zu vergleichen mit unserem heutigen Verkehrsnetz. Wir haben die Landschaft von der Naturlandschaft zur Kulturlandschaft gewandelt. Im Alten Testament wird ein Auftrag Gottes an den Menschen verkündet (Genesis 1,28): „Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!“). Die Erde untertan machen wird von Bibelexperten auch übersetzt mit „als Kulturland in Besitz nehmen“, es geht um das Betreiben von Ackerbau und Viehzucht.

Das scheint uns ganz gut gelungen zu sein, einige tausend Jahre und Milliarden von Menschen später. Nun kämpfen wir mit den Auswirkungen auf die Landschaft, die Bodenversiegelung, die Klimaveränderungen. Die Landschaft also ändert sich, so wie sich der Mensch verändert.

Die Wahrnehmung der Landschaft

Die Wahrnehmung der Landschaft ist ganz individuell, und mit ihr Landschaftsdarstellungen in der Kunst. Manche erholen sich in der Landschaft und genießen die Schönheit, andere gehen raus zum Sport und arbeiten an ihrer Fitness, wieder andere nutzen Spaziergänge in der Landschaft zum Nachdenken.

Die Künstler*innen

Olimpia Bera aus Klausenburg in Rumänien zeigt zwei abstrakte Werke, die von einem Urwaldgebiet unweit ihrer Heimatstadt inspiriert sind. Für die Künstlerin ungewöhnlich ist es, dass keine Figuren in den Bildern vorkommen. Diese beiden Arbeiten repräsentieren die Klausenburger Schule.

Therese Eisenmann ist mit zwei Stahlgravuren vertreten. Sie lebt seit Ihrer Jugend für die Kunst, bescheiden und alleine. Zuerst hatte sie ihren Eltern verheimlicht, dass sie Kunst studiert. Als es die Eltern erfahren haben, waren sie nicht begeistert. Therese flüchtete auf einen Bauernhof in den Bergen. Vierzehn Jahre verbrachte sie in den Bergen Südtirols, im Sommer in einem Zelt oder unter freiem Himmel. Die Berge haben sie seitdem nicht mehr losgelassen. Die Liebe zur Landschaft und zur Tierwelt drückt sich in ihren Arbeiten ganz intensiv aus.

Die Herstellungszeit einer Gravur auf großen, schweren Stahlplatten dauert 6 Wochen. Dann kommt der große Moment, wenn Sie damit zur Druckerei fährt und die Abzüge gemacht werden. Die entstandenen Kaltnadelradierungen zeigen samttonige Verschattungen und somit eine malerische Wirkung. Sie hat einmal gesagt, das Schwarz, Weiß und die Grautöne dazwischen sind ihr farbig genug. Der plötzliche Erfolg Therese Eisenmanns hatte seinen Ausgang im Museum Angerlehner – dort wurde sie 2020 ausgestellt. Dann kam zuerst der Lockdown aber nachdem die Normalität wieder eingekehrt war, ging es ganz schnell. Dr. Alfred Weidinger, Geschäftsführer der OÖ Kultur GmbH, hat sie im Museum Angerlehner gesehen und ihr einen mehrmonatigen Arbeitsaufenthalt in Island ermöglich – damit konnte sie sich einen Jugendtraum erfüllen. Alle der in Island und im Zusammenhang mit der Reise entstandenen Werke sind reserviert für eine große Ausstellung im Schlossmuseum 2024. Die verfügbaren Werke finden Sie in der GALERIE ARTOSPHÄRE SCHLOSS PUCHENAU.

Richard Klammer aus dem Mölltal hat sich in seiner Malerei unter anderem den Bergen verschrieben. WENN KOPF LAND SCHAFFT heißt seine Bergserie, die er immer weiter vorantreibt. Sie sehen zwei Seelandschaften, die erst kürzlich entstanden sind. Im Gegensatz zu seinen Spachtelbergen, bei denen die Farbe ganz pastos aufgetragen wurde, arbeitet er bei den Seelandschaften mit dünnen Schichten, die das darunterliegende gut erkennen lassen.

Alisa Matern ist eine junge Fotokünstlerin, die in Linz Kunst studiert. Die Philologin, Schauspielerin und Grafikdesignerin stammt aus Moskau und hat sich in den letzten Jahren ganz auf das Fotografieren konzentriert. Zu sehen sind drei Arbeiten aus ihrer Serie: 5 o´clock in the afternoon: TERMINATOR und ein inszeniertes Foto mit dem Titel: Sympoiesis.

Thomas Redl ist mit drei Arbeiten vertreten. Zwei Aquarelle sind 1991 nach einem Bergerlebnis in den niederen Tauern bei Schladming, genauer bei den Klaffer Kesseln, entstanden. Dort gibt es ein Hochplateau mit zwei Bergseen. Ganz typisch für Arbeiten aus dieser Zeit ist das Malen auf bedrucktem Papier, hier stammt es aus einem Amt in Amstetten.

Die dritte Arbeit basiert auf einem Werk, bei dem Thomas Redl Papiere mit Leinöl getränkt hat. Nach einer Reifezeit von vielen Jahren wurde ein getränktes Blatt gescannt, bearbeitet und in einer Auflage von 10 Stk. gedruckt.

Kann man in einem Gemälde die Zeit festhalten, darstellen, sichtbar machen?

Helmut Swoboda ist bekannt für seine abstrakten Landschaftsgemälde. Er verwendet dafür Pigmente und Wachs, seine Arbeiten entstehen in vielen Schichten über längere Zeit. Manche Schichten werden abgetragen, viele neue werden aufgebaut. Beim Betrachten der Arbeiten scheint es so, als würde man darin eintauchen, sich verlieren, als würde die Zeit stillstehen. Seine Inspirationen holt er sich in den Berglandschaften, zum Beispiel in der Stillensteinklamm, am Dachstein, bei den Krimmler Wasserfällen. Diese Eindrücke, die Steine, das Wasser, aber auch das Organische, die Blätter, die Stämme, die Blüten und die Gräser bilden sich in den Gemälden ab. Seine Werke sind in den wichtigsten österreichischen Sammlungen vertreten wie in der Sammlung Angerlehner wo er eine große Ausstellung hatte und in der Sammlung Liaunig.

Ioan Sbarciu ist bekannt als ein Maler, der die Kunstlandschaft in Rumänien geprägt hat wie kaum ein anderer. Als Leiter der Abteilung für Malerei an der Kunstuniversität Klausenburg, auf Rumänisch Cluj-Napoca, später als Rektor und als Präsident des Universitätssenates hat er zwanzig Jahre lang das Geschehen geprägt und in dieser Zeit fünf Generationen von herausragenden Künstler*innen hervorgebracht. Er selbst hat ein weltumspannendes Netzwerk und konnte bereits in vielen Ländern dieser Erde, zum Beispiel in den USA, in Japan, oftmals in Frankreich, Italien und Deutschland ausstellen. Die Ausstellung hier im Herbst war seine erste Ausstellung in Österreich. Seine Werke finden sich in bedeutenden Sammlungen wie dem Centre Pompidou. Sein größtes Werk befindet sich im Museum moderner Kunst in Bukarest, es misst 6 x 30 Meter.

Martin Schnur besuchte von 1982 bis 1985 die Kunstgewerbeschule Graz und im Anschluss daran von 1985 bis 1990 die Meisterklasse für Bildhauerei bei Joannis Avramidis an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Wesentlich an Schnurs Werk ist die Verbindung von unterschiedlichen Bild- und Realitätsebenen, in deren rätselhafte Eigentümlichkeit dem Betrachter die Möglichkeit verschafft, seine eigene Geschichte dazu zu entwickeln. Immer wieder verwendet Martin Schnur reflektierende Oberflächen wie das Weißgold in seinen Werken, er verwendet die Reflexion als zusätzliche Bedeutungsebene.

Zwei Ölgemälde auf Kupferplatten, betitelt „Hitze“ zeigen den brennenden Regenwald und seine Bewohner. Man bekommt einen ganz unmittelbaren, siedend heißen Eindruck davon was es heißt, das Land zu kultivieren, es für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Daneben, in weicher Pastellkreide gemalt – Raketeneinschläge. Auch die verändern die Landschaft, den Menschen und sind aktueller denn je, obwohl er sie schon 2015 gemalt hat.

Klaudia Stöckl ist eine niederösterreichische Malerin und Kuratorin. Sie ist bekannt für ihre Landschaftsbilder, die in ihren Bildkompositionen die Farben des Meeres, von Treibholz, der Landschaft aber auch von Stimmungen wiedergeben. In Amstetten geboren, studierte sie bei Karl Korab sowie Giselbert Hoke Malerei und nahm mehrere Jahre bei Dietmar Brehm am Aktstudienlehrgang an der Kunst Universität Linz teil. Ihre unmittelbare Umgebung des Mostviertels sowie regelmäßige Aufenthalte in Italien und ihre Beschäftigung mit Pflanzen, Gärten und Landschaften beeinflussen ihre künstlerische Arbeit grundlegend. Kein Wiederspruch sind in ihren Werken der grobe Pinselduktus, das kraftvolle Auftragen der Ölfarbe und die stille, feine Stimmung, die sie damit ausdrückt.

Jakob Veigar aus Island wollte als Jugendlicher ein Rockstar werden. Später führte er ein bürgerliches Leben und arbeitete als Ziviltechniker in Island und Norwegen. Doch das war ein falsches Leben, er fühlte sich nicht wohl. Alkoholismus und Übergewicht waren die Folgen dieses falschen Lebens. Dann kamen die Scheidung und die Finanzkrise, er verlor alles was er hatte. Doch das fühlte sich für ihn wie eine Befreiung an. Nach mehreren durchsoffenen Tagen auf einem Musikfestival an den Fjorden Islands hatte er ein Erweckungserlebnis. Er wollte leben und trank von da an keinen Alkohol mehr.

Im Anschluss widmete er sich wieder der Musik und begann zu Malen, was ihn sofort süchtig machte. Nach einer Ablehnung an der Kunstakademie in Island studierte er in Zypern und schaffte es über diesen Umweg dann doch an die Akademie im Heimatland. Dort schloss er 2016 ab und zog dann nach Wien, wo er dann auch an der Akademie seinen Masterabschluss machte.Seine Arbeiten drücken die raue, aber immer grüne Landschaft Islands aus. Das Grün, das für die Hoffnung steht, das uns im Frühling zeigt dass es weiter geht, dass das Leben sich seinen Weg bahnt, immer wieder und von kraftvollen Mächten gesteuert.

Die Künstlerin Linda Steinthórsdóttir wurde 1968 in Keflavik, Island geboren. Sie studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Kunstgeschichte in Salzburg und an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg bei Varda Caivano.

Die Arbeiten beschäftigen sich mit bestimmten Aspekten der Landschaft Islands. Die beinahe monochromen Malereien sind vordergründig weiß, je nach Betrachtungswinkel und Lichteinfall schillern sie in vielen Farben. Sie fängt das Helle und Leicht ein, den Schnee, die Gletscher, das Wasser und das Licht. Das große Gemälde beinhaltet sogar echte Vulkanasche des Eyjafjallajökull, den ich wahrscheinlich nie richtig aussprechen werde. Das war der, der die berühmte Aschewolke verursacht hat, die den Flugverkehr Europas für längere Zeit lahmgelegt hatte. Niemand außer Niki Lauda konnte damals mit dem Verkehrsflieger fliegen.

Die Landschaftsausdrücke dieser Künstler*innen sind so einzigartig wie die menschlichen Individuen, in dieser Ausstellung kann man die Unterschiede der menschlichen Wahrnehmung und Repräsentation deutlich sehen.

Bernhard Fleischanderl

Alle Fotos von Alisa Matern