Arnold Reinthaler

studierte Bildhauerei an der Kunstuniversität Linz bei Erwin Reiter und an der Akademie der bildenden Künste Wien, wo er 1989 bei Bruno Gironcoli sein Diplom ablegte. Zudem promovierte er mit einer kulturwissenschaftlichen Dissertation bei Thomas Macho über die Zirkulation des Begriffs „nomadisch“ im Kunstkontext.

Arnold Reinthalers Arbeiten thematisieren Systeme der Zeitmessung, oder, wie er selber betont die „Modellierung von Zeitlichkeit“. Es sind mitunter sehr lang andauernde Arbeitsprozesse, die vorwiegend in Stein, Papier oder auch in Lichtmedien übersetzt werden. Die Galerie Arthosphäre wirkt auf den Künstler wie ein Observatorium und für uns Betrachter öffnet sich gleich die Assoziation zu einem Sternenhimmel.

Die Arbeiten sind sehr minimalistisch angelegt: schwarzer Granit, der graviert wird. Diese Materialität ist Arnold Reinthaler sehr wichtig! Eine Affinität, die er schon als Kind im väterlichen Steinmetzbetrieb mitbekommen hat.

Zu den einzelnen Arbeiten (Auswahl):

digitally aged

Bewusst wählt Arnold Reinthaler das Format 16:9 unserer modernen Flat-TVs und graviert das Abbild einer zeitgenössischen digitalen Quarz-Uhr, die ausgeschaltet ist. Ein Symbol für Stillstand und gleichzeitig die Möglichkeit jeder nur denkbaren Zeitangabe. Die Metapher „In Stein gemeißelt für die Ewigkeit“ kommt einem in den Sinn, Granit ist schließlich das älteste Gestein auf der Erde! Dieser dialektische Ansatz macht den Reiz vieler Arbeiten Arnold Reinthalers aus.  Freilich erinnert der schwarze Granit auch an Grabsteine, eine Assoziation, die durchaus gewollt ist.

the wild duck cluster

Als Vorlage für dieses Werk diente das Foto eines Sternenclusters, aufgenommen am 7.4.2005 mit dem Hubble-Teleskop der NASA. Mit Hammerschlägen überträgt Arnold Reinthaler das Motiv wiederum auf eine schwarze Granitplatte. Wieder spielt der Zeitaspekt die entscheidende Rolle: Die Sterne sind 6000 Lichtjahre alt, bzw. entfernt. Wir sehen nur die Abbildung des Lichts. Vielleicht sind schon einige Galaxien verschwunden.  Das Material Granit mit einem Alter von 10 bis 15 Millionen Jahren ist dagegen ein „junger Hüpfer“. Die Grundsatz-Theorien: Urknall, Schöpfung der Welt bzw. der Künstler als kreativer Schöpfer kreisen dabei in unseren Gedanken. Die polierte Oberfläche der Granitplatte zeigt auch das Spiegelbild des Betrachters: eine Aufforderung zur Selbstreflektion und Bewusstmachung der Rolle des Menschen im Universum!

still alive

Diese Serie gehört zu den täglichen Ritualen Arnold Reinthalers. Seit 2008 macht er Ritzungen auf schwarzen Granit in Scheckkartengröße. Die einzelnen Zeichenträger hat Arnold Reinthaler immer dabei. Mittels diamantenem Ritzstift wird pro Stunde ein Zählstrich graviert und so die noch verbleibende Lebens- und potentielle (Kunst-)Produktionszeit notiert. Rückseitig ist als 16-stelliger Code das Datum, die Zeit und die bis dahin verstrichene Stundenanzahl vermerkt. Pro Plättchen ist annähernd die Stundenanzahl eines Monats vermerkt. Diese Arbeitsweise versucht durch permanentes Handeln (Kunstmachen) den Moment zu fassen und die Gegenwart im Stundentakt zu erfassen. Die Frage nach der noch verfügbaren Zeit kann allerdings erst an dessen Ende beantwortet werden, dann, wenn die Zählung der Stunden – zumindest für Arnold Reinthaler – keine Relevanz mehr hat.  Das Thema ist die noch nicht erlebte Zeit. Form der Kreditkarte symbolisiert ein potentielles Guthaben, für die noch verfügbare nicht erlebte Lebenszeit. Bei dieser Metapher des „Memento Mori“ spielt die bereits angesprochene Grabstein–Ästhetik des Materials erneut eine Rolle.

Das letzte Bild

Wiederum ist ein Sternencluster-Bild in eine schwarze runde Granitscheibe graviert. Die Form erinnert an die Optik eines Fernrohres, durch das wir Betrachter blicken. Der Blick richtet sich diesmal nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft. Es ist das Abbild des berechneten Sternenhimmels über Wien am 12. April 2066. Gleichsam die Zukunftsvision eines realen Bildes, das freilich viele von uns nicht mehr erleben werden. Gedankensprünge über den Umgang mit den Lebensgrundlagen auf unserem Planeten über die Klimaaktivisten „Der Letzten Generation“ bis hin zu Weltuntergangs-Szenarien purzeln durch unsere Köpfe…

Gerhard Knogler

studierte von 1961 bis 1968 an der Kunstschule der Stadt Linz bei Alfons Ortner und Helmuth Gsöllpointner. Von 1975 bis 2005 übte er dort eine Lehrtätigkeit aus. Seit 2000 war er außerordentlicher Professor in der Meisterklasse Metall. Seine Arbeiten bewegen sich im Grenzbereich zwischen bildender Kunst und Literatur. Bekanntheit erlangte Gerhard Knogler auch durch Kunstwerke im öffentlichen Raum, wie beispielsweise die überdimensionale „Zigarettenschachtel“ vor der Tabakfabrik (Ecke Gruberstraße – Untere Donaulände) die er gemeinsam mit Karl-Heinz Klopf gestaltete. Ein Objekt, das heute demontiert ist. Oder die „Ruhezone“ in Magdalena, ein Space-iges Sitzobjekt, das 2018 während der Ausstellung „Wer war 1968?“ vor dem Stadtmuseum Nordico als Blickfang wieder in den Fokus gerückt wurde.

Gerhard Knogler arbeitet gerne in Serien, von denen einige hier ausschnittsweise präsentiert werden. Charakteristika seiner Arbeiten sind Minimalismus und die Verwendung von Sprache im Bild! Eines seiner bekanntesten Werke ist die Collage mit dem Titel „Ein Satz“. Ein Satz bedeutet zum einen den geschriebenen oder gesprochenen Satz, kann sich aber auch auf den schnellen Sprung einer Katze beziehen.

Ähnlich die Arbeit „Trio“:  Eine Laune der Natur, eine dreiteilige Nussschale wird als Fundstück wie ein archäologisches Schauobjekt in einem Kasten präsentiert. Die Bezeichnung mit den vier Buchstaben T R I O steht in den vier Ecken geschrieben.

Das Arbeiten mit Fundstücken (Objet trouvé) ist ein wichtiger Aspekt im Oeuvre Gerhard Knoglers: Verschiedene Objekte werden meist miteinander kombiniert und in einem Acrylglas-Kasten präsentiert. Diese Überhöhung bzw. auch Musealisierung in der Präsentation führt zu einer Betonung der Wichtigkeit und Steigerung des Wertes. Die Objekte machen dabei eine „Verwandlung“ durch, beziehungsweise eine „Entkleidung“, wenn sie aus ihrem bisherigen Funktions- und Bedeutungszusammenhang transferiert werden. Durch Gerhard Knogler erfahren sie eine Neubenennung und inhaltliche Neuaufladung.

Entscheidend sind unsere Wahrnehmungsprozesse! Nicht die, die sich Gerhard Knogler denkt, sondern unsere, die subjektive Annäherung der Betrachter. Seine Kunst erlaubt einen großen Assoziationsspielraum mit vielen inhaltlichen Doppeldeutigkeiten. Das fordert uns Betrachter, macht aber auch den großen Reiz seiner Arbeiten aus, eben das, was gute Kunst zu leisten vermag!

Auch die Materialität ist Gerhard Knogler wichtig: und das nicht nur bei den Fundstücken!  Die Serie in Wachs gegossener Gegenstände (Säge, Axt, Brett) führt uns das Paradoxon der Materialien vor Augen: eine Säge aus Wachs ist unbrauchbar. Es geht vielmehr um die Dokumentation eines Zustandes, bzw. das Bewusstmachen von Materialität und Form. Vergleichbar ist diese Auffassung mit Werken Josef Bauers, wenn dieser mit roter Farbe das Wort GRÜN schreibt. Bei Gerhard Knogler wird dieser Kunstansatz ins Bildhauerische und Objekthafte übertragen!  Oder wie Heimrad Bäcker 1993 in einem Katalog den esoterischen Schriftsteller P.D. Ouspensky zitiert: „Das Problem auf einen bündigen Satz gebracht: hat ein Stück Holz von einem Schiffsmast oder ein Stück Holz von einem Galgen den selben Inhalt, die selbe Aussage?“

Text: Andreas Strohhamme

Alle Fotos von Alisa Matern